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Warten auf’n Bus

Warten auf’n Bus

Dass es erfolgreiche Kinofilme auf die Bühne schaffen oder dass beliebte Bücher verfilmt und für die Bühne aufbereitet werden, ist gängige Praxis. In der Vagantenbühne gibt es aber gerade etwas Besonderes: eine Fernsehserie mit 15 Folgen, die nun – auf 90 Minuten gekürzt – auf der Bühne des Theaters in der Kantstraße gezeigt wird.

Das Ergebnis ist ausgesprochen gelungen, wie die Schattenlichter gestern Abend feststellen konnten. Aber zuerst zum Inhalt: „Warten auf’n Bus“ – so heißen die Serie und auch das Theaterstück – wurde in zwei Staffeln in den Jahren 2020 und 2021 im ZDF ausgestrahlt. Die Serie wurde ein großer Erfolg, prominent besetzt mit Ronald Zehrfeld, Felix Kramer und Jördis Triebel.

Das Setting der Serie ist sehr geeignet fürs Theater, denn fast die gesamte Handlung spielt sich an einer Bushaltestelle ab. Ein leichtes Spiel für den Bühnenbildner! An dieser Bushaltestelle mitten in der Brandenburgischen Provinz treffen sich jeden Tag die Freunde Hannes und Ralle, die sich bereits seit Kindertagen kennen, gemeinsam im Kohleabbau gearbeitet haben und nun – 30 Jahre nach der Wende – bereits seit 20 frustrierenden Jahren arbeitslos sind. Die Bushaltestelle wird zu ihrer Kneipe, ihrem Wohnzimmer, ihrem Zufluchtsort. Es ist eine Endhaltestelle – auch für ihr Leben?

Die beiden sitzen in der Pampa, quatschen und philosophieren über das Leben, Politik und die Liebe, springen von einem Thema zum anderen, sind mal gut gelaunt, mal deprimiert. Ralle wird stets von seinem Hund Mikey bzw. Hundi begleitet, der wie die beiden Freunde seine besten Jahre bereits hinter sich hat. Ein Höhepunkt des Tages besteht darin, dass Busfahrerin Katrin an der Haltestelle einige Minuten lang ihre Pause verbringt.

Was in 15 Folgen manchmal etwas langatmig sein konnte und die Langeweile der beiden Freunde hin und wieder zu stark nachempfinden ließ, wird in der Vagantenbühne in 90 Minuten dynamisch auf den Punkt gebracht. Zusätzlich zu Hannes, Ralle, Katrin und der Hundeleine gibt es einen weiteren Akteur – einen aus dem Westen, der als Erzähler, Musiker, Geräuschemacher und Kontrapunkt fungiert. Die Szenen, die es aus der Serie auf die Bühne geschafft haben, wurden gut ausgewählt: Da wird es auch politisch und dramatisch, wenn plötzlich Hakenkreuze an die Bushaltestelle geschmiert wurden, Hannes und Ralle Dresche beziehen und sich vor dem Dorfsheriff rechtfertigen müssen. Auch Themen wie Alkoholismus und häusliche Gewalt, Stasi und Verrat werden nicht ausgespart.

Die Schattenlichter empfehlen: Hingehen! Tickets gibt es ab 17,60 Euro; die nächsten Vorstellungen sind heute und morgen.

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Vorher den Film angucken!

Vorher den Film angucken!

Uns sind Musicals eigentlich immer zu teuer – warum 100 Euro für ein Ticket ausgeben, wenn man für 30 Euro ein gutes Theaterstück ansehen kann – aber mit einem 40-Prozent-Rabatt lockte uns „Stage Entertainment“ in „Ku’damm 59 – Das Musical“ im ehemaligen Theater des Westens in der Kantstraße.

„Ku’damm 56, 59 und 63“ heißen drei Fernsehstaffeln, die in den Jahren 2016, 2018 und 2021 im ZDF ausgestrahlt wurden. Darin geht es um die strenge Besitzerin einer Tanzschule am Ku’damm, Caterina Schöllack: Sie muss ihre drei Töchter in den 1950er-Jahren alleine versorgen, da ihr Mann nicht aus dem Krieg zurückgekehrt war. Dabei legt sie vor allem Wert auf den Ruf ihrer Familie. Zwei Töchter beugen sich dem Willen der Mutter und machen eine gute Partie: mit einem ältlichen Krankenhausprofessor und einem aufstrebenden Staatsanwalt. Obwohl beide Töchter in ihren Beziehungen unglücklich sind – der konservative Professor hält seine Frau an der kurzen Leine, und der Staatsanwalt interessiert sich für Männer, – wahren sie den Schein, um den Anforderungen der Gesellschaft zu genügen. Die dritte Tochter, Monika, trotzt den Erziehungs- und Verkupplungsversuchen der Mutter und widmet sich ihrer Leidenschaft, dem Rock’n’Roll. Der Vergleich mit ihren zwei erfolgreichen Schwestern liegt ihr dabei trotzdem schwer im Magen.

In Staffel 2, also dem Teil, der in dem aktuellen Musical umgesetzt wurde, kämpft Monika um ihr uneheliches Kind, das ihr auf Betreiben ihrer Mutter gleich nach der Geburt weggenommen wurde und nun bei ihrer kinderlosen Schwester und dem homosexuellen Staatsanwalt aufwächst. Der Staatsanwalt kämpft mit seinen gesetzlich verbotenen und von der Gesellschaft für pervers gehaltenen Gefühlen. Die unglückliche Professorengattin verlässt ihren Mann, bekommt aber ohne sein Einverständnis keine Arbeit und muss sich schließlich prostituieren, um finanziell über die Runden zu kommen. Und Monika arbeitet an ihrer Karriere als Sängerin und Tänzerin mit ihrem Freund Johnny, der mit seinen Erinnerungen ans Vernichtungslager Auschwitz zu kämpfen hat, wo seine gesamte Familie ermordet wurde. Monikas wahre Liebe, Joachim, heiratet indessen aus Pflichtgefühl eine andere Frau, der er sich wegen ihrer Schwangerschaft verpflichtet fühlt, bis herauskommt, dass das Kind gar nicht von ihm ist. Zudem kämpft er damit, der Rüstungsfabrik seines verstorbenen Vaters eine andere Richtung zu geben.

Kurz: Es gibt jede Menge Probleme, und wir waren im Vorfeld gespannt, welche davon auf Musical-Ebene unter den Tisch fallen würden. Das ist ja wie bei der 90-Minuten-Verfilmung eines 500-seitigen Romans: Da müssen ganze Handlungsstränge gestrichen werden, und der begeisterte Leser empfindet die Verfilmung manchmal als etwas flach.

Tatsächlich hat es das Musical geschafft, sämtliche Probleme in die Handlung aufzunehmen. Wir hatten die Filme zur Auffrischung gerade erst an den Vortagen gesehen und waren von der Umsetzung recht angetan. Es war aber nicht zu übersehen, dass die Menschen im Publikum, die die Filme nicht kannten, Schwierigkeiten hatten, der Handlung zu folgen. Das fing schon damit an, dass es keinerlei Exposition gab, also nicht einmal „Es geht um eine Tanzschulbesitzerin und ihre drei Töchter“. Im durch die vielen Nebenfiguren und Tanzenden undurchsichtigen Musicalstab mitzubekommen, wer wer ist und wer mit wem zusammenhängt, war da für Neulinge kaum möglich.

Zwar wurden alle Probleme angeschnitten, aber oft nur am Rande: Auschwitz auf drei Nebensätze zu reduzieren, wird dem Thema natürlich nicht gerecht, und beim schwulen Staatsanwalt war im Musical das Hauptproblem, dass er damit seine Frau betrog, wo es doch vor allem auch darum geht, dass er in dieser Epoche seine Sexualität nicht ausleben durfte und damit seine Karriere gefährdete.

Nun könnte man argumentieren, dass für all das in den 150 Musicalminuten keine Zeit wäre. Zeit wurde aber reichlich für eine neue Hauptrolle verwendet, die es in den Filmen in dieser Form gar nicht gibt: eine erfolgreiche weibliche Filmproduzentin. Im Film „Ku’damm 59“ ist das ein ältlicher Filmproduzent, den sich Caterina Schöllack als standesgemäßen künftigen Ehemann erhofft, obwohl er ihre Tochter begrabscht hat. Das zeigt gut die Abhängigkeiten dieser zwiespältigen Epoche. Die weibliche Produzentin im Musical strahlte hingegen Selbstbewusstsein, Unabhängigkeit und Modernität aus, was nicht dazu beiträgt, das konservative Rollenverständnis der Schöllack-Frauen zu verstehen.

Alles in allem war der Musicalbesuch dennoch ein vergnüglicher und kurzweiliger Abend, denn WIR kannten die Storyline ja, und außerdem gefielen uns viele Gesangsdarbietungen gut, und auch die Choreografien waren einfallsreich und „was fürs Auge“. Und auch Bühnenbilder und Lichteffekte gucken wir Schattenlichter uns ja immer gerne an.

Karten mit 40 Prozent Rabatt gibt es hier.

Der letzte Vorhang fällt am 23. Februar, übrigens auch dem Tag der Dernière des aktuellen Schattenlichter-Theaterstücks.

Eine gute Nachricht für die Fans der toll ausgestatteten „Ku’damm“-Filme erreichte uns in diesen Tagen über die Agentur Filmgesichter: „Ku’damm 77“ wird gedreht, also die vierte Staffel!

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Bald wird auch im Kino gegrillt!

Bald wird auch im Kino gegrillt!

Selten hatten die Schattenlichter so viel Spaß beim Probem wie vor zwei Jahren bei der Komödie „Extrawurst“.

Daher freut es die Gruppe sehr, dass „Extrawurst“ im Januar 2026 ins Kino kommen wird, wie dem heutigen Tagesspiegel zu entnehmen war (siehe Foto).

Es ist immer amüsant, seine eigene Theaterrolle auf der großen Kinoleinwand zu sehen! Spannend ist auch, welche der im Artikel genannten Schauspieler welche Rollen übernehmen werden. Die Schattenlichter schließen schon Wetten ab!

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